Turkmenistan
Turkmenische Teppiche stammen aus den südrussischen, nordafghanischen und nordpersischen Steppengebieten. Das Gebiet erstreckt sich vom Ostufer des Kaspischen Meeres nach Osten hin bis zu den Ausläufern des Pamir-Gebirges. Hier sollen kirgisische Turkmenen mit ihren Schafherden bis nach Ostturkestan gewandert sein und die Oasen von Khotan und Kashgar mit Wolle beliefert haben. Im Süden bilden die Gebirgszüge des Elbrus eine natürliche Grenze und beeinflussen das Klima der Steppe. Im Lande der Turkmenen herrscht ein trockenes Binnenklima mit starken Temperaturschwankungen, wie es auch in anderen Hochebenen der Knüpfgebiete der Fall ist.
Es fallen nur sehr geringe Niederschlagsmengen. In den südlichen Gebirgszügen der Steppe finden sich Höhen bis zu 6000 Metern. Die im Süden ansässigen Turkmenen leben heute meist auf iranischem und afghanischem Gebiet als Bauern und Halbnomaden. Jomud-Turkmenen leben in den persischen Gebieten ebenso wie Teke. Sie besiedeln die Städte nördlich der Stadt Gorgan. Untergruppen der Jomuden sind die Atabai, die ebenfalls nördlich von Gorgan leben und als Haupthandelsplatz die Stadt Behshahr am Kaspischen Meer für den Handel ihrer Produkte aufsuchen. Behshahr ist auch heute noch der Handelsplatz, in dem die turkmenischen handwerklichen Erzeugnisse getauscht werden.
Teppiche, Stoffe und auch Silberarbeiten, für die die Turkmenen als Meister bekannt sind, werden gegen Lebensmittel und Gerät getauscht. Nordwestlich in der Umgebung von Gonbad-e-Kavus lebt eine weitere Gruppe der Jomuden, die Djaffabay. Diese beiden Stämme sind Untergruppen der Jomuden, die im gesamten südwestlichen Teil der Turkmenensteppe leben und in nördlicher Richtung den gesamten Raum der Ostküste des Kaspischen Meeres besiedeln. Achal-Teke bewirtschaften die Steppe bei Bojnurd, nordwestlich der Stadt Mesched.
Durch die fruchtbaren Steppen dieses persischen Gebietes sind die Stämme heute sesshafte Bauern geworden. Der afghanische Teil der Turkmenensteppe wird meist von Salor-Saryk- und Teke-Turkmenen sowie einigen Ersaren-Stämmen bevölkert. Diese leben meist als Nomaden, da die Steppe karg ist und der Ertrag die Ernährung an stets demselben Platz nicht garantiert. Lediglich in den Oasen, wo die Anpflanzung von Weizen, Gerste, Reis, Obst und auch Baumwolle möglich ist, sind bäuerliche Siedlungen anzutreffen. Ähnlich wie in Persien gibt es unterirdische Bewässerungssysteme, die von den Oasen und Flüssen ausgehen und die Steppenbewirtschaftung in diesen Gebieten ermöglichen. Die Städte Maimana, Dowlatabad und Masarij-Sharif sind die Hauptumschlagsplätze der Waren der afghanischen Turkmenen und haben auch heute noch bedeutende Bazare, in denen turkmenische Kunst getauscht wird.
Der Fluss Amu-Darja bildet einen Teil der Grenze zu den in den sowjetischen Gebieten lebenden Turkmenen. Hier befindet sich der größte und bedeutendste Teil der Turkmenensteppe. Die Sandsteppen des Karakum und Kezylkum waren vor der sowjetischen Revolution das Weideland im Winter, während die Ausläufer der Gebirge ein ideales Weidegebiet im Sommer abgaben. Die Flüsse entspringen im südlichen und nördlichen Gebirge und versiegen meist in den trockenen Steppen. Ausnahmen bilden der Amu-Darja und der Syr-Darja, die beide in den Aral-See fließen, sowie der Atrek, der in das Kaspische Meer mündet. Die nomadisierenden Turkmenen zogen in frühen Zeiten, als die Grenze zwischen Afghanistan und Russland noch offen war, in einem Jahr ca. 500 bis 1000 Kilometer in Nord-Süd-Richtung und umgekehrt. Durch die Schließung der Grenzen war die Möglichkeit zum Wechsel der Weideplätze nicht mehr gegeben.
Hierdurch fand auch eine Verschiebung der einzelnen Stämme statt. Eine Nomadenkultur mit jahrhundertelanger Tradition wurde unterbrochen. In der Sowjetunion leben Jomuden. Sie besiedeln, wie erwähnt, die Ostküste des Kaspischen Meeres. Die Tschaudoren leben zwischen den Oasen Khiwa und Marw, Ersaren südlich der Stadt Marw. Beschiren besiedeln das Gebiet westlich der Stadt Kerki und Kirgisen sowie Ersaren den südlichen Rand der Steppe bis hin zu den Ausläufern des Pamir- Gebirges. Im Norden, südlich des Aral-Sees, lebt eine Gruppe der Karakalpak und Kirgisen. Für den bescheidenen Lebensstandard einer Nomadenfamilie war ein Herdenbestand von einigen hundert Schafen sowie mehreren Kamelen und Pferden notwendig, um in der weiträumigen Steppe die Existenz zu sichern.
Da die Steppe nur in bestimmten Gebieten ihren Lebensunterhalt garantierte, und zwar da, wo genügend Wasser für die Tiere und die Menschen vorhanden war, waren die Weidegebiete nicht unbegrenzt, so dass es oft zwischen den einzelnen Stämmen zu rivalisierenden Kämpfen um Wasserrechte und Weideplätze kam. Aus diesem Grunde gingen schon frühzeitig Stämme der turkmenischen Nomaden zum Halbnomadentum über. Während die Herden in der Steppe weideten, war man bemüht, nebenbei auch Ackerbau zu betreiben. Daher konnten die Weideplätze nicht mehr in der weiten Steppe gewechselt werden, weil man sich nur bis zu einer gewissen Entfernung von der bepflanzten Erde entfernen konnte. Aus den Halbnomaden wurden sesshaft Bauern, die sich in Gruppen zusammenfanden und Dorfgemeinschaften bildeten. Die Vollnomaden trieben mit den Oasenstädten Tauschhandel, wobei Felle, Wolle, Teppiche und Tiere gegen Tee, Zucker, Getreide, Waffen und Handwerkszeug getauscht wurden. So wurden die Oasenstädte Bochara, Khiwa usw. zu den bedeutenden Handelszentren der turkmenischen Knüpfobjekte. Fälschlicherweise wurden diese Handelsplätze in Europa auch als Ursprungsorte der einzelnen Kunstgegenstände bezeichnet. Die Arbeit der Turkmenen ist vielseitig und wird meist unter Männern und Frauen geteilt. Während sich die Männer mit der Aufbereitung der Felle und der Lederbearbeitung beschäftigen, ist es die Aufgabe der Frauen, für die Bearbeitung der Wolle und die anschließende Weiterverarbeitung zu sorgen. Letzteren oblag es auch, die Knüpfobjekte herzustellen. Von der Geschichte der Turkmenen ist nur wenig bekannt, da sie keine Schriftsprache besaßen und dadurch Überlieferungen ihrer Geschichte nicht vorhanden sind.
Ob die im Tarim-Becken gefundenen Teppichfragmente des 12. Jahrhunderts n.Chr. turkmenischen Einfluss hatten, ist fraglich. Die Annahme, dass aus dem ostturkestanischen Raum der Einfluss der Kunst den Weg nach Westen nahm, wird durch die Völkerwanderungen untermauert. Turkmenische Nomaden zogen, wie bereits erwähnt, mit ihren Herden bis in die Gebiete Ostturkestans, und zwar an die fruchtbaren Randgebiete der Wüsten, wo sie Wolle produzierten und diese an die Oasenstädte Khotan und Kashgar lieferten. Die Muster des frühen Knüpfteppichs aus Pazyryk entsprechen in der Systematik den turkmenischen Erzeugnissen. Durch die Völkerverschiebungen in den verschiedenen Jahrhunderten waren die Turkmenensteppen die Durchgangsgebiete für die Wanderungen nach Westen. Hierdurch erklärt sich auch, dass frühe seldschukische Teppiche der Türkei mit dem Stil der Turkmenensteppe vieles gemeinsam haben. Die turkmenischen Teppiche sind meist mit den persischen Knoten gearbeitet, wobei der türkische Knoten jedoch nicht auszuschließen, ja in verschiedenen Bereichen sogar beheimatet ist. Noch heute werden die Teppiche in feinster Knüpfung hergestellt. Man vermutet, dass in der Zeit um die Jahrtausendwende Teppiche mit figürlichen Tierdarstellungen in feinster Knüpfung existiert haben sollen.
Auch hier wird auf den Zusammenhang mit dem ostturkestanischen Gebiet hingewiesen. Aus dieser Zeit könnten auch die figürlichen Darstellungen in den einzelnen traditionsreichen Göl-Formen stammen. Durch das Fehlen von Daten in turkmenischen Teppichen ist die Altersbestimmung der einzelnen Exemplare außergewöhnlich schwierig. Die einzelnen Stücke sind auch nicht bis zu ihrem Ursprung zu verfolgen, da sie meist aus den verschiedenen Steppengebieten In die Bazare der Oasen kamen und von dort aus nach Europa gelangen. Die älteste Zurückverfolgung eines Teppichs war nur bis Anfang des 19. Jahrhunderts möglich. Die Ableitung und die Vermutung der Entstehungszeit sind daher nur als ungefähre Altersbestimmung anzusehen. Als Grundregel kann man bei turkmenischen Stücken jedoch annehmen, dass die frühen Arbeiten wesentlich farbfreudiger waren und im Allgemeinen auch in freierer Ornamentik gestaltet wurden. Die Lieblingsfarbe der Turkmenen ist ein Dunkelbraunrot. Dies ist wahrscheinlich auf eine traditionelle Gepflogenheit zurückzuführen. In einem alten jomudischen Wiegenlied kommt dies zum Ausdruck: Schlaf, schlaf mein Liebling, bei der Wanderung wirst du ein rotes Kamel reiten, bei der Hochzeit wirst du ein rotes Kleid tragen, schlaf, schlaf mein Liebstes. Sämtliche turkmenischen Knüpferzeugnisse sind in ihrer Form dem Verwendungszweck angepasst. So dienten zum Beispiel die kleinen Taschenteile zur Aufbewahrung von Gegenständen in der Jurte, während die größeren als Transportmittel und gleichzeitig in der Jurte Verwendung fanden.
Die Namaslik und Engsi hatten zwei Verwendungszwecke: einmal für das Gebet (Namaslik) und zum anderen zur Verschönerung des Jurteneingangs (Engsi). Die sogenannten Kibitkabänder, die das Scherengitter der Jurte als statisches Element halten, wurden in feinster Arbeit, bei einzelnen Stücken teilweise mit Seide hergestellt. Bei diesen Bändern, die für den Bau einer turkmenischen Jurte unbedingt notwendig waren, ist wahrscheinlich die ursprüngliche Form der Tierornamentik früher turkmenischer Teppiche zu suchen. Der Kapunuk schmückt den inneren Rahmen des Jurteneingangs und verdeckt die Schnüre, die das Jurtengestänge und den Eingangsrahmen verbinden. Auch die Osmultuks, wurden für festliche Anlässe gearbeitet und in bestem Material hergestellt. Die geknüpften Futterale für die Zeltstangenspitzen sind schöne Beispiele der turkmenischen Knüpfkunst.
All diese Erzeugnisse stammen von den Vollnomaden, die in den großen Steppengebieten Turkmeniens leben. In diesen Knüpferzeugnissen befinden sich noch die ursprünglichen Teppichornamente der einzelnen Stämme. Diese geometrischen Ornamente werden gleichmäßig im Innenfeld wiederholt. Ausnahme hiervon bilden die Gebetsteppiche und die Kibitkabänder. In den Bordürenmustern der Schmuck- und Gebrauchsstücke sind Ornamente von religiös magischer Bedeutung zu finden. Bei größeren Erzeugnissen, die meist in den Dorfgemeinschaften gearbeitet wurden, erscheinen die Göl-Formen nicht mehr so rein. Besonders gute Beispiele für die Reinheit der Göl- Formen geben die frühen Taschen der Tschaudoren, Jomuden und Beschiren. Auf diesen Stücken sind auch die Vogelzeichnungen sehr schön zu erkennen. Eine Verbindung zu den Vogelornamenten der anatolischen Tierteppiche des 15. und 16. Jahrhunderts wäre möglich. Das vom turkmenischen Volk bewohnte Gebiet bildete im Altertum mit Saktiana die am weitesten nach Innerasien hineinreichende Provinz des achämenidischen Reiches, dessen Hauptstadt Mahakanda von Alexander dem Großen besetzt wurde. In den folgenden Jahrhunderten wird das Gebiet immer wieder von den verschiedensten Völkern beherrscht. Die Parther- und Sassaniden-Dynastien versuchten, sich das Land einzuverleiben.
Im 4. und 5. Jahrhundert n.Chr. gerät es unter die Oberherrschaft hunnischer Stämme. Um die Mitte des 6 Jahrhunderts tauchen erstmals Turkvölker als Eroberer auf, die von nun an Zentralasien prägen. Diese Zeit wurde unterbrochen von einer arabischen Epoche um 750 n.Chr. Im 9. und 10. Jahrhundert tritt bei den Turkvölkern das Volk der Oghusen hervor, die die direkten Vorfahren der Turkmenen und auch die der Seldschuken sind und sich vom Amu-Darja bis zum Kaspischen Meer und südlich bis nach Gorgan ausbreiten. Unter Schah Abbas dehnt sich das persische Reich wieder bis zum Amu-Darja aus. Die Turkstämme werden unterworfen. Im 18. Jahrhundert muss Nadir Schah einen Aufstand der Teke, Jomuden und anderer Stämme niederschlagen. Nach seinem Sieg zwingt er die Teke und Jomuden zur Auswanderung aus Khorassan und Ostiran. Die Vermischung der einzelnen Muster in den Knüpfobjekten wird heute noch deutlich, vor allem in den Belutschstücken der nomadisierenden Völker südlich von Mesched.
Die Tschaudoren sind teils nomadisierend, teils in städtischen Bereichen sesshaft, aber auch halbnomadisierende Bauern. Die Größen ihrer Knüpferzeugnisse reichen von kleinen Taschen über Tschowal bis hin zu zwei Meter breiten und dreieinhalb Meter langen Teppichen. Ihre Existenz wird bereits im 11. Jahrhundert nach Christus erwähnt, und ihr Lebensraum erstreckte sich von der Nordostküste des Kaspischen Meeres, wo sie auch Fischfang betrieben, bis zum Amu-Darja. Ihre Hauptzentren um die Jahrhundertwende und im 20. Jahrhundert waren Gebiete der nordwestlichen Turkmenensteppe sowie Gegenden südlich des Aral-Sees bei Nukus und im südöstlichen Bereich, wo sie sich teilweise mit Ersaren vermischten. Alle Tschaudor-Stücke gleichen sich im Farbausdruck. Ihre Grundfarbe ist meist ein tiefes Braunrot, die Göl-Formen werden oft in Petrolgrün, Rot, Blau und Beige ausgefärbt. Im 18. und 19. Jahrhundert entstehen noch starke Farbvariationen mit Gelbtönen und vielerlei Rot. Bei Teppichen der späteren Zeit, Ende des 19. Anfang des 20. Jahrhunderts, wird die Farbabwechslung seltener, die Musterformen erstarren, so dass die Ausdruckskraft der Teppiche verloren geht.
Neben den Teke waren die Jomuden einer der bedeutendsten Stämme, die seit dem 16. Jahrhundert an Einfluss gewannen. Sie sollen bei den großen Turkwanderungen im 17. Jahrhundert vom Westen der Turkmenensteppe nach Osten gezogen sein. Bei diesem Prozess haben Sich verschiedene Untergruppen in Teilgebieten der gesamten Turkmenensteppe lokalisiert. Um ihre Eigenständigkeit zu wahren, sollten die Mädchen sich nicht mit Männern anderer Stämme verheiraten. Dadurch konnten sie sich noch bis in unser Jahrhundert hinein als reine Jomud-Stämme in unterschiedlichen Gebieten behaupten. Anfang des 20. Jahrhunderts gerieten viele Jomuden durch die unpassierbaren Grenzen im Süden der Turkmenensteppe in das heutige Afghanistan und verloren hier ihre Eigenständigkeit. Die Verschmelzung mit anderen Stämmen war lebensnotwendig geworden, so dass ab diesem Zeitpunkt eine Vermischung gegeben war.
Der Verwendungszweck dieses aus Dreiecksformen gebildeten Formstückes ist nicht eindeutig geklärt. Es ist jedoch anzunehmen, daß es sich um eine Brottasche handelt, denn ursprünglich konnte man alle vier Dreiecksformen aufklappen, so daß vielleicht die kreisrunden ca. 30 bis 40 cm im Durchmesser großen Fladenbrote zugedeckt werden konnten. Die Boktsche diente als Aufbewahrungsort und gleichzeitig als Schmuckstück auf dem Boden während der Mahlzeiten
In aufgeklappter Form ist das in Kelimtechnik gearbeitete Quadrat zu erkennen. Es enthält meist keine Verzierung, sondern ist in natürlichem Wollmaterial hergestellt. Formstücke dieser Art sind nur bei den Jomuden bekannt. Die Dreiecksformen werden meist durch eine beigegrundige Hauptbordüre bestimmt, die das Motiv eines stark stilisierten Vogels enthält. Ihre beige Grundfarbe ist für die Jomuden charakteristisch. Bei der zweiten Abbildung handelt es sich um ein vollständig erhaltenes Exemplar einer Sammlung. Die Schlaufen an den beiden oberen Ecken sind vollständig original erhalten, Hieraus ergibt sich, dass diese Tasche an der oberen Querseite des aufzuklappenden Dreieckes aufgehängt wurde. Unter,,Boghtcha" versteht man noch heute in der Türkei eine im gleichen Format hergestelltes Einschlagtuch aus Stoff oder Samt.
Im Allgemeinen werden die Igdyr den Jomuden als Untergruppe zugeordnet. Im Material, in der Knüpftechnik und damit verbunden in der Struktur gleichen ihre Erzeugnisse den jomudischen. Die Igdyr waren wirtschaftlich mit den Jomuden liiert. Ihr Lebensbereich waren die nördlichen Küstengebiete des Kaspischen Meeres sowie die Gegend der Oase Khiwa, wo sie auch in den Gebieten der Teke mit verschiedenen Stammesgruppen vertreten waren. Sie bildeten nicht nur eine eigenständige Gruppe in dieser Lebensgemeinschaft, sondern brachten auch ihre eigenen Muster mit. Die Teppicherzeugung war für den eigenen Bedarf notwendig. Torben und Tschowals waren das Hauptprodukt, Hauptteppiche sind fast unbekannt. Der Griff der Erzeugnisse ist fest und hart, die Knotendichte beträgt bei Verwendung des Ghiordesknoten 2000 bis 3000 Knoten pro Quadratdezimeter. Die Farben sind meist Dunkelbraunrot mit Beige, Blau und Petrolgrün. Das Grundgewebe besteht meist aus Ziegenwolle in der Kette und dunkelbrauner Wolle im Schuss. Im Muster besticht eine stark geometrische Gestaltung in Rechteckformen.
Das statisch wichtigste Element einer Jurte bildet ein meist 15 Meter langes Band, das so gefertigt sein muss, dass es weder in seiner Länge noch in seiner Breite durch Spannung nachgibt. Das Scherengitter der Jurte wurde in der Mitte ringsum mit diesem sogenannten Kibitkaband umlegt und an den jeweiligen Enden an den Eingängen befestigt. Hierzu dienten die langen, zu Zöpfen gearbeiteten Kettfäden. Ein Band musste demnach, schon seinem Verwendungszweck entsprechend, immer sehr fein, fest und gut im Grundgewebe gearbeitet sein. Daher kam dem Vormaterial große Bedeutung zu. Die Turkmenen verwendeten für das sehr stark beanspruchte Kettmaterial nur gute, langfasrige Wolle, die sie besonders stark ausgesponnen haben und danach meist zwei- bis dreifach verzwirnten. Als Schuss diente bei diesen Arbeiten meist das gleiche Material, das ebenfalls gut gesponnen und zweifach in sich verdreht wurde, so dass meist zwischen zwei Knüpfreihen vier Schussfäden vorhanden waren. Beim Weben entsteht dann, wenn der Schuss gegenseitig über die Kette gekreuzt wird, ein sehr gleichmäßiges Gewebe. Das Einknüpfen von Wolle, Baumwolle und Seide für die dekorative Gestaltung - wurde in einer sehr eigenartigen Technik vorgenommen. Das Material, das für das Flormuster verknüpft wurde, wird durch den Ghiordesknoten über drei Kettfäden geschlagen. Der Knoten wird so gearbeitet, dass er nur einmal auf der Rückseite sichtbar wird, während sein zweiter Teil unter den sich kreuzenden Schüssen liegt. Durch die Verwendung der drei Kettfäden wird jede Knotenreihe un einen Kettfaden versetzt. Sie stehen demnach immer im Winkel von 45 Grad zueinander. Bei gröberen Geweben ist diese Technik gut und deutlich zu erkennen. Hierdurch wird erreicht, dass im Bereich des geknüpften Musters keine Spannung entsteht. Da die Kibitkabänder genauso wie die Zelteingänge (Engsis) das „Aushängeschild“ der Besitzer einer Jurte waren, wurde auf die Perfektion und die vorbildliche Gestaltung Wert gelegt. Hierin liegt auch der Grund dafür, weshalb bei vielen fein geknüpften Arbeiten dieser Gruppe neben der Vielfalt der Farben auch Baumwolle und Seide im Flor vorkommen. Da Jurtenbänder bei den Jomuden und Teke sowie einer Saloren- Gruppe immer in der gleichen Technik entstanden, besteht eine große Schwierigkeit ihrer genauen Klassifizierung. Stämme der südturkmenischen Steppe wie z.B. Ersaren, Beschiren sowie Stämme um Kezyl Ayak und Usbeken stellten ihre Jurtenbänder meist in Kelim- und Sumakhtechnik her. Die Bänder der vorerwähnten Turkmenenstämme wurden in dieser Technik durchgehend mit verschiedenen einfachen Mustern hergestellt. Durch das lange, schmale Format der Bänder, die die Scherengitter in der Mitte im Kreis umgaben, legte man bei der Mustergestaltung Wert auf Unterbrechungen, die durch die verschiedenen, in sich abgeschlossenen Motive erreicht wurden. Das System der Anordnung lässt an die Kartuschenformen verschiedener Bordüren denken.
Die Teke teilten sich in zwei Gruppen auf: die Achal- und đie Merw-Teke. Die Achal -Teke bewohnten die Gebiete westlich von Achabad, während die Merwer Teke die Oasen um die Stadt Merw besiedelten. Sie waren vom 18. Jahrhundert an der bedeutendste und größte Turkstamm und besiedelten praktisch das gesamte zentralturkmenische Gebiet. Ihr historischer Ursprung ist unbekannt. Es wird angenommen, dass sie sich aus verschiedenen Stammesgruppen entwickelten. Ihre Teppichproduktion fand Ende des 19. Jahrhunderts starke Beachtung, da sie einen hohen Anteil an der turkmenischen Teppichproduktion besaßen, nicht zuletzt bedingt durch die Feinheit ihrer Erzeugnisse sowie das gute Wollmaterial, dem man teilweise Seide und Baumwolle in den Mustern beimischte. Von kleinen Gebrauchstorben bis zu großen Jurtenteppichen knüpften sie in einer Dichte bis zu 5000 Knoten je Quadratdezimeter bei großen Teppichen, bei kleinen Exemplaren bis knapp 10000 Knoten pro Quadratdezimeter. Besonders die Achal-Teke treten durch ihre farbigen und fein geknüpften Stücke hervor. Diese sind geschmeidiger und besitzen eine glatte Rückseite, wobei der Knoten zweimal auf einer Ebene zu sehen ist. Die Merwer Teke-Teppiche haben einen doppelten Schuss, wodurch sie sich meist etwas härter im Griff anfühlen. Oft sind die Kettfäden auch geschichtet, so dass eine ripsartige Rückseite vorkommen kann. Die Knüpferzeugnisse umfassten alle Gebrauchsgegenstände, angefangen von den kleinen Torben über den Kapunuk, die Asmaliks, die Namaslyk und Engsi bis hin zu den großen Gebrauchsteppichen. In unserem Jahrhundert werden Gewehrfutterale, ja sogar Fahrradsättel geknüpft. Die Teppichproduktion wird auch heute noch in der Sowjetunion von den guten Teke-Arbeiten bestimmt. Große Teile der Teke-Turkmenen wurden bereits im 19. Jahrhundert vom zaristischen Russland durch die Unterwerfung nach Süden gedrängt und nach der Revolution über die Grenzen hinaus in die nördlichen Bereiche Afghanistans und Persiens vertrieben, wo sie in den Gebieten um die Städte Akhtcha sowie im Gebiet von Gorgan eine neue Heimat fanden. Die persischen Teke produzieren heute noch feinst geknüpfte Teppiche, teilweise aus Seide, mit ihren alten Stammesgöls, die in den neuen Stücken etwas kleiner und verformt dargestellt werden.
In der südlichen Turkmenensteppe, entlang des Amu-Darja, befanden sich fruchtbare Steppengebiete, die die verschiedenen nomadisierenden Stämme veranlassten, teilweise sesshaft zu werden. Ein Grund auch für die Teppichproduktion von den gewohnten Formaten und Zeichnungsformen abzuweichen. Verschiedene Lebensgewohnheiten, die sich hieraus mit der Zeit ergaben, waren die Ursache. In diesen großen Lebensräumen sind unterschiedliche künstlerische Entwicklungen zu finden. Bei den großen Ersari-Teppichen existieren noch Göl-Formen, die bei kleineren Stücken selten Verwendung fanden. Einflüsse der einzelnen Untergruppen dringen stark durch, vor allem bei den Teppichen, die für den eigenen Bedarf hergestellt wurden. Die vorhandenen Grundmaterialien und die einzelnen entwickelten Techniken der verschiedenen Epochen ließen gleiche Grundstrukturen entstehen, die für die Bestimmung des einzelnen Teppichs unbedingt notwendig sind. Die Mustergestaltung ist jedoch individuell von den Herstellern bestimmt. Der Teppich der Beschiren weist eine derbere und unregelmäßigere Struktur auf. Dies ist ein Zeichen dafür, dass das Stück in dem unfruchtbareren Steppenbereich erzeugt worden sein muss. In den fruchtbaren Gebieten waren Halbnomaden teilweise zu sesshaften Bauern mit festen Behausungen geworden. Der Grund, einen Teppich herzustellen, lag hier nicht im Bereich der Lebensnotwendigkeit, vielmehr in dem Bestreben, einen Schmuck für die ständige Behausung anzufertigen. Daher entstanden in Struktur und Material feinere Exemplare, die sich auch in der Größe von denen der Steppennomaden unterschieden.
Es ist heute noch nicht endgültig geklärt, aus welchen turkmenischen Stämmen die Saryken hervorgegangen sind. Im 16. Jahrhundert lebten sie als Bauern und Viehzüchter in Westturkmenien. Durch die Bewegung der turkmenischen Stämme im 18. Jahrhundert tauchten sich auch im Osten der Turkmenensteppe auf. Dies ist das Gebiet des Amu-Darja, wo sie sicherlich gemeinsam mit den Ersaren siedelten. Um die Oase Pendeh Iiegt der Hauptsiedlungsraum. Hier ist auch der Ursprung der meisten Saryken-Teppiche mit einer bestimmten Farbgebung und Technik zu suchen. Die Erzeugnisse aus diesem Raum sind mit dem türkischen Knoten gearbeitet und besitzen eine Schichtung, durch die die Rückseite ripsig erscheint. Ihre Hauptfarbe ist Dunkelbraun. Die Verwendung von Baumwolle and roséfarbener Seide im Flor ist ebenso wie die Technik für diesen Lebensbereich der Saryken ein Merkmal. Die Teppiche wurden auch sehr oft als sogenannte Pendeh oder Pendjerlik bezeichnet. Die Formate reichen von kleinen Torben über Tschowals, Engsis bis hin zu fein gearbeiteten Kapunuks.
Eine eigenständige Gruppe von längsgestreckten Namaslik-Teppichen der Ersari-Beschir-Stämme lässt sich klar von den übrigen turkmenischen Knüpfobjekten abtrennen. Hauptmerkmale dieser Gebetsteppiche sind gegenüber den restlichen islamischen Namasliks schmale, aufstrebende, säulenförmige Mihrabs. Die Farben der Musterung sowie der Grundflächen bestehen oft aus Blau-, Rot- und Gelbkombinationen. Die Umrahmungen dieser eigenartigen Mihrab-Formen werden meist durch beige Grundfarbe bestimmt. Die Bordüren wiederholen sich in den Farben des Mihrabs. Bei den früher entstandenen Namasliks tritt die längsgestreckte Form stärker in Erscheinung. Die Giebel laufen stets in Widderhornformen aus. Eine Verwandtschaft lässt sich mit den Mihrab-Formen der ostturkestanischen Reihengebetsteppiche feststellen. Auch die Art der Gestaltung der Floralelemente ist ähnlich. Verbindungen der Ersari-Beschir- Stämme zu den ostturkestanischen Gebieten bestanden durch die geografische Lage der Steppen. Die im Ferghana-Tal lebenden Kirgisen, eine arabische Halbnomadengruppe, grenzen im Osten an Ostturkestan, im Westen an die Gebiete der Ersari-Beschiren an. Aus diesem Grund kommt es zu einem wirtschaftlichen und künstlerischen Austausch beider Gruppen. So wurde beispielsweise turkmenische Wolle nach Ostturkestan gegen verschiedene Tauschobjekte geliefert. Wenn die hier beschriebene Gebetsteppich-Gruppe Muster aufweist, die an indische Gebetsteppiche erinnern, so geschieht dies über die Verbindungswege mit Ostturkestan, das ebenso Beziehungen zu Indien wie zur Turkmenensteppe besaß. Durch die großräumigen Steppengebiete, die sich von Norden nach Süden erstrecken, ergaben sich verschiedene Mustertypen der Gebetsteppiche.
Alten Überlieferungen zufolge soll die Heimat des Stammes der Arabatschen die Ostküste des Kaspischen Meeres gewesen sein. Durch die verschiedenen Stammeskämpfe und kriegerischen Unruhen soll sich der Stamm nach Osten hin aufgelöst haben, wo sich Untergruppen mit den Tschaudoren, Ersaren und Saloren vermischt haben. Ihre wenigen bekannten Erzeugnisse sind hochflorig und im Verhältnis zu anderen turkmenischen Erzeugnissen grob geknüpft. Die Knüpf- Objekte sollen ausschließlich den persischen Knoten enthalten. Durch die Untergruppierungen in Ersaren- und Tschaudoren-Stämme ist eine ähnliche Entwicklung wie Anfang des 20. Jahrhunderts in Südturkmenien zu beobachten, wo nämlich Teke, Jomuden und Ersaren durch die russische Revolution nach Süden abwanderten und gemeinsam aus dem in der neuen Heimat vorhandenen Material ihre Teppiche knüpften. Nach Moschkova waren im Deinauer Tal Anfang des 20. Jahrhunderts im Gebiet des Amu-Darja Stämme der Arabatschen zu finden.