Technik
Zur Herstellung eines geknüpften Teppichs werden verhältnismäßig einfache Mittel benötigt. Es genügen meist vier Holzbalken, die den Knüpfrahmen ergeben. Sie werden horizontal oder vertikal aufgestellt. In den meisten Manufaktur-Werkstätten werden die leichter zu bearbeitenden vertikalen Knüpfstühle verwendet. Viele Nomadengruppen, vor allem in Südpersien und Teilen des Kaukasus, bevorzugen dieses System ebenfalls. Die turkmenischen Knüpfer verwendeten die einfachere Konstruktion des horizontalen Knüpfstuhls. Dieser ist leichter zu transportieren, und es genügen meist auch nur zwei Querbalken, um die die Kettfäden gespannt werden. Die Knüpfer sitzen bei der Arbeit auf dem fertigen Flor. Der vertikale Knüpfrahmen lässt es zu, dass der Knüpfer stets unmittelbar vor der zu bearbeitenden Fläche sitzt.
Der Teppich wird im fertiggestellten Bereich eingerollt, so dass er beliebig lang hergestellt werden kann. Die Steppengebiete der meisten Provenienzen bieten aufgrund der Schafzucht reichlich Wollmaterial. Daher überwiegt die Verwendung von Wolle. Seide und Baumwolle sowie das Broschieren mit Silber und Gold wurden ebenfalls beim geknüpften Teppich angewendet. Je dichter das Vlies werden sollte, desto höher war der Anspruch an das zu verwendende Material. Bei diesen aufwendigen Arbeiten wurde für den Flor entweder feine sogenannte Kurkwolle – eine sehr feine, flauschige und glanzreiche Wolle, meist vom Rücken der Jährlingsschafe - oder Seide verwendet. Die Turkmenen benutzten für weiße Musterteile gelegentlich Baumwolle, die gegenüber der Wolle den Vorteil hat, im Laufe der Zeit nicht zu vergilben. Der Anteil von schlechtem Seidenmaterial, gelegentlich sogenannter Schappeseide, wird zur optischen Aufwertung bei kleinasiatischen Teppichen um die Jahrhundertwende verwendet. Die so-genannten Panderma- oder Brussa-Erzeugnisse wurden speziell für den Export hergestellt und täuschten eine hervorragende Qualität vor. Diese Gebiete liegen im Bereich der Stadt Kayseri, wo man heute noch feiner geknüpfte Teppiche mit mercerisiertem Baumwollmaterial herstellt.
Ein geknüpfter Teppich setzt sich aus folgenden Bestandteilen zusammen:
- die Kettfäden
- die Schussfäden
- das Florgespinst
Die Kettfäden können aus Wolle, Baumwolle oder Seide bestehen. Sie werden über die Knüpfbalken, die bei modernen Knüpfstühlen aus Eisen bestehen können, gespannt. Die Befestigung der einzelnen Kettfäden wird so vorgenommen, dass diese durch die Bearbeitung eine gewisse Nachgiebigkeit besitzen. Dies wird dadurch erreicht, dass sie mit einem flexibel angebrachten Gegengewicht (häufig Steinen) befestigt werden. Die meisten Anfänge eines geknüpften Teppichs besitzen einen kleinen Kelim, der durch das Verweben von ein- oder mehrfarbigen Schussfäden erreicht wird (Kelimtechnik). Das Kelimende dient zum Schutz des Teppichs und befestigt die erste Knotenreihe. Das Florgespinst kann in zwei Grundarten über die Kettfäden geschlungen werden - zum ersten durch den sogenannten Ghiordes- Knoten (türkischer, symmetrischer oder Smyrna-Knoten). Diese Knotenart wird oft als G bezeichnet. Zum zweiten gibt es den sogenannten Senneh-Knoten (unsymmetrischer, persischer Knoten).
Neben diesen Hauptarten existieren noch sogenannte V-Schlingen, die allerdings bei antiken Teppichen nicht bekannt sind, sondern lediglich bei modernen südpersischen Kirman-Teppichen vorkommen.
Der spanische Knoten, der einmal um einen Kettfaden geschlungen ist, und verschiedene Knoten in Ghiordes- und Sennehtechnik, die über mehrere Kettfäden geknüpft werden, wie z.B. bei einem Teil der tibetanischen und chinesischen Teppiche, werden zwar angewendet, sind aber nur für einzelne Gebiete von Bedeutung. Im Allgemeinen wird der persische und türkische Knoten in allen klassischen Knüpfgebieten wie Anatolien, Kaukasus, Persien, Turkmenien und Ostturkestan angewandt. Die nachstehenden Abbildungen zeigen im Schnitt die Variationsmöglichkeiten des Sennehknotens. Die unterschiedliche Stellung der Kettfäden verursacht die Schichtung der Knotenrückseite. So können die Kettfäden einmal parallel nebeneinander liegen, zum anderen bis zu 45 Grad nach rechts oder links versetzt werden bzw. um 90 Grad übereinander geschichtet sein. Bei den beiden ersten Möglichkeiten ist der Knoten auf der Rückseite zweimal sichtbar, während bei der letztgenannten Anwendung der Knoten nur einmal zu sehen ist.
Für fein und feinst geknüpfte Teppiche wird häufig der 90 Grad geschichtete Knoten angewandt, da er auf geringstem Raum die größtmögliche Knotendichte erlaubt. Teilweise wird in den Manufakturen und städtischen Bereichen ein sogenanntes Knüpfeisen verwendet, das zur Verschlingung des Knotens dient. Die meisten Knüpfer jedoch ziehen die Knoten mit den Händen über die einzelnen Kettfäden.
Die Dichte hängt nicht nur von der Reihung der Kettfäden ab, sondern auch von den Schussfäden, die mittels eines Kammes festgeschlagen werden. Die Schussfäden geben in Verbindung mit den gegensätzlich verlaufenden Kettfäden den eigentlichen Halt des Knotens. Die Schussfäden werden erst nach der Vollendung einer jeweiligen Knotenreihe eingeschlagen. Die Farben des eingeknüpften Wollgespinstes ergeben durch die unterschiedliche Anordnung das Muster. Da bei der natürlichen Einfärbung des Flormaterials nur geringe Mengen Wolle bearbeitet werden können, ist es häufig so, dass Farbnuancen in den Flächen vorkommen. Diese Farbnuancierungen müssen jedoch immer in geraden Querlinien verlaufen, da das Wollgespinst meist nur in abgeschlossenen Knotenreihen wechselt. Diese geringfügigen Farbunterschiede nennt man Abrasch, der bei antiken Teppichen keine Wertminderung darstellt.
Die seitliche Befestigung wird dadurch erzielt, dass man zwei oder mehrere Kettfäden mit Wolle umwickelt und gleichzeitig mit den Schussfäden verbindet.
Nachdem das Wollgespinst über die Kettfäden geschlungen und durch die Schüsse befestigt ist, werden bei Beendung einer Knotenreihe die ungleichen Enden der Büschel auf die allgemeine Höhe des Flores gekürzt. Bei Fertigstellung werden bei vielen, vor allem bei nomadischen Teppichen, die Enden der Kettfäden einfach oder mehrfach verknotet, so dass die letzten Knoten oder Schussreihen einen Halt bekommen. Um die überschüssigen Wollpartikel des Flores zu entfernen, wird der Teppich nach dem Knüpfen gewaschen und getrocknet.
Quelle: Peter Bausback, Antike Orientteppiche, Klinkhardt & Biermann, Braunschweig 1978