Im Norden, Westen und Osten ist das Land durch hohe Gebirgszüge begrenzt. Das bis zu 2000 m über dem Meeresspiegel liegende Hochland ist fast abflusslos, so dass die im Gebirge entspringenden Flüsse das Meer im Süden nicht erreichen, sondern meist in den Binnenwüsten und Steppen versickern. Persien besitzt Binnenklima mit starken Temperaturschwankungen. Im Herbst, Winter und Frühjahr fallen die Niederschläge. Reiches Ackerland befindet sich lediglich in den schmalen Küstengegenden im Norden des Landes am Kaspischen Meer. Diese haben subtropisches Klima und stellenweise urwaldartigen Baumbewuchs. Dagegen ist das Klima der Tiefebene am Persischen Golf feucht und heiß. Die beiden unbewohnten Salzwüsten Dasht-j-Kawir und Dasht-j-Lut stellen die größten Flächen des Landesinneren dar.
Die bedeutendsten Städte entwickelten sich in den Bewässerungszonen der endlosen Steppen- und Berglandschaft. Nur das aufwendige künstliche Bewässerungssystem mit seinen unter-irdischen Kanälen kann das Existenzminimum der Bevölkerung sichern. Aufgrund des lehmartigen Erdreiches konnten die Bewässerungskanäle leicht sehr tief gebaut werden.
Von jeher war für den Steppenbewohner der fruchtbare Garten der Oasen das Paradies. Hier gedeihen Getreide, Gemüse, teilweise Südfrüchte, im Süden und Norden auch Wein und Datteln. Diese klimatischen und topographischen Gegebenheiten schaffen ideale Voraussetzungen für die Entfaltung der Knüpfkunst. Die Wolle als Produkt der die Steppe durchstreifenden Schafherden bietet nach der Verarbeitung einen hervorragenden Kälteschutz für die nomadische und bäuerliche Bevölkerung. Auch die Stadtbewohner nutzen dieses Produkt in ihren Häusern als praktisches und gleichzeitig dekoratives Element.
Die Iraner, Nachfahren der indoarischen Stämme, machen den Großteil der Bevölkerung aus. In den Nordwestprovinzen und im zentral-persischen Isfahan überwiegen die Kurden, Türken und Armenier. Turkmenen im Nordosten, Araber im Süden und Juden um Hamadan. bilden weitere Gruppen. Die Luren und Kurden im Westen und Nordwesten sowie die Bachtiaren in der Provinz Isfahan sprechen persische Dialekte, die Gashgais in der Provinz Fars, die Afscharen nordöstlich davon und die Turkmenen im Gebiet von Mesched dagegen sprechen türkische Mundarten.
Persien hat als Schnittpunkt der Wege vom südrussischen, turkmenischen und mesopotamischen Raum nach lndien sowie in Ost- und Westrichtung der alten Karawanenstraßen vom Mittelmeer zum Fernen Osten eine dreifache Bedeutung: Handelsplatz, Ort für Kulturaustausch zwischen Ost und West und Auffangbecken für die aus den nördlichen Steppen kommenden Menschen.
Man kann die Geschichte des Landes bis ins 5. Jahrtausend v. Chr. zurückverfolgen. Schon im 3. Jahrtausend bestand eine Verbindung vom Tiefland durchs Zargosgebirge über Kirmanschah nach Hamadan. Das Land wurde vielfach erobert, z.B. von den Seleukiden, Arabern, Mongolen und Seldschuken. Zwei Schübe iranischer Völker dringen ab 1800 v. Chr. ins Land ein, die Meder und Perser. Zunächst siedeln sie im Westen, später ziehen die Perser weiter südlich in den Distrikt Fars. Die Meder verbinden sich mit den um 800 aus dem Kaukasus eindringenden Kimmiern und gründen am Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. ihr Reich mit Ekbatana, dem heutigen Hamadan, als Hauptstadt. Nacheinander fällt dann das Land an die Skythen, wieder an die Meder, dann an die Achämeniden. Unter Darius I. werden unvergleichliche Bauwerke von Künstlern und Handwerkern aus dem ganzen Großreich (Vorderasien und Ägypten) errichtet, wobei sich griechischer, assyrischer und iranischer Stil vereinen. Die einzelnen Provinzen behalten unter den Achämeniden ihr religiöses und kulturelles Eigenleben. Dank einer klugen Verwaltung, unparteiischen Rechtsprechung, einheitlichem Münzsystem und vor allem einem ausgezeichneten Bewässerungssystem ist das Reich gesichert, und der Reichtum wächst.
Nach der Niederlage Darius III. durch Alexander den Großen und nach dessen Tod fällt das Land zunächst an die.Seleukiden, dann an die Parther. Fünf Jahrhunderte später dehnen die Sassaniden die Grenzen bis zum Mittelmeer und Indien aus. Durch Handelsbeziehungen strahlt die parthisch-sassanidische Kunst auf die koptische, byzantinische, frühromanische und auch auf die chinesische aus. Das Pferd und der König sind dabei immer wiederkehrende Motive (Pazyryk). Der eurasische Rankenstil, der wahrscheinlich von der minoisch-mykenischen Kultur die Wellenranken als Versinnbildlichung für die immerfort fließende Bewegung übernommen hat, erscheint in Europa und Asien in vielen Variationen und wird später zu einem Grundmotiv in der Teppichkunst.
Im Islam, dem das Land von den arabischen Völkern 634 unterworfen wird, entwickelt sich ein neuer Stil. 1050 ist Isfahan die Hauptstadt der Seldschuken, 1256 wird der Iran dem von China bis zum Mittelmeer reichenden Mongolenreich einverleibt. Jetzt werden Kunst und Wissenschaft am Hofe von Täbris gefördert, nachdem der Iran, der nach dem Ende der Seldschukenherrschaft in rivalisierende Fürstentümer zerfallen war, wieder geeint wurde. Bis ins 15. Jahrhundert dauert die Herrschaft der Nachkommen Timurs, der aus dem Geschlecht Dschingis-Khan's stammt. Diese Zeit bringt an den Höfen von Täbris und Herat eine außergewöhnliche geistige, wissenschaftliche und künstlerische Blüte. An diesen Höfen gedeiht auch die Teppichknüpfkunst neben vielen anderen.
Es entstehen die großen Hofmanufakturen von Tābris und Herat, die starke künstlerische Ausstrahlung auf die benachbarten Gebiete haben. Nun beeinflussen fernöstliche Symbole stärker die persische Kunst. in der der bilderfeindliche Islam niemals ganz die figurativen Darstellungen verdrängen konnte. Schon bald nach dem Tode Timurs waren der Südiran, Kurdistan und das obere Mesopotamien selbständig geworden. Von 1501 bis1722 ist die Dynastie der Safawiden an der Macht, die zum Schöpfer des neuen persischen Reiches wird. Das Reich erstreckt sich unter Ismail, dem Begründer der Dynastie, vom Euphrat bis nach Khorassan. Der Schiismus wird zur Staatsreligion erhoben. Unter der Regierungszeit von Schah Abbas dem Großen (1587 bis 1628) blühen Handel und Kunst. Die Hauptstadt wird von Kaswin nach Isfahan verlegt, das prächtig ausgebaut wird.
Die Textilien dieser Zeit, Seide, Samt und Brokat, sind mit Themen aus der Malerei geschmückt, die Teppiche von der Miniaturmalerei beeinflusst: Jagd-Szenen, Landschaften und Gärten werden dargestellt. Gold- und Silberbroschierung in den Teppichen entsprechen dem Prunkbedürfnis der damaligen Zeit. Zeugnis von der hochstehenden, künstlerischen Periode unter Schah Abbas legt der in Isfahan gearbeitete „Wiener Jagdteppich“ ab. In der Folgezeit herrschen 15 Jahre lang Afghanen nach der Unterwerfung über das Land. Diese Herrschaft wird von Schah Nadir (1688 bis 1747) beendet. Er bekriegt die Turkmenen und das Reich des Großmoguls. Die Grenzen werden wieder vom Euphrat bis zum Indus ausgedehnt. Er deportiert 1735 zahlreiche Künstler nach Persien. Nach seinem Tode werden die Afghanen selbständig. Die Herrschaft der Zand-Dynastie bringt eine etwas ruhigere Zeit. 1786 begründet Agha Mohamed, der Anführer eines Turkmenenstammes, die von Teheran aus regierende Qadjaren-Dynastie. Sein Nachfolger verliert Georgien, Aserbaidjan und Armenien bis zur heutigen Grenze an Russland. Die Revolution von 1907 beendet die Herrschaft dieser Dynastie. Das Land wird zwischen Briten und Russen aufgeteilt.1925 wird Reza Khan zum Schah proklamiert, 1935 nimmt Persien den Namen Iran an. Langsam vollzieht sich unter Mohamed Reza Pahlewi die Wandlung vom feudalistischen System zum modernen Staat. Die bisher ältesten Knüpfobjekte sind die großen Teppiche und Fragmente aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Teppiche aus dem13. bis 15. Jahrhundert sind nur durch Miniaturmalereien und Reise-berichte bekannt. Sie weisen eine enge Verwandtschaft zu den geometrischen Teppichen Anatoliens auf. Allerdings berichten Reisebeschreibungen. diese seien weitaus besser gewesen. Das Innenfeld ist meist in Ouadrate geteilt, deren Randeinfassungen ein verknotetes Muster aufweisen. Die Bordüre zeigt häufig schriftähnliche Dekore wie in Kleinasien.
Oft taucht auch eine versetzte Reihung zweier Motive auf. Um 1500, zu Beginn der Safawidenherrschaft, erscheint das Muster plötzlich grundlegend geändert. Der Mittelpunkt des Teppichs wird durch ein Medaillon betont, ein feines Rautenmuster mit Blüten und Arabesken überzieht den Teppich. Die Bordüre wird zu einem echten Rahmen. Sie hat zwei Begleitstreifen. Ihre Ecklösungen sind genau berechnet. Für das Muster wird bei feineren Stücken eine Vorlage (Karton) notwendig. Die gesamten dekorativen Formen der Miniaturmalerei (Jagd-, Kampf- und Gartenszenen) dringen in die Teppichmuster ein, die jetzt aus mehreren, kunstvoll ineinander komponierten Schichten bestehen. Die Medaillon-Teppiche werden in den Ecken mit Viertelmedaillons versehen. Es findet sich daneben die Reihung kleiner Medaillons im Anklang an die früheren geometrischen Muster. Unter den Safawiden kommt es zu einer unerreichten Blütezeit. Der Teppich wird zum selbständigen Kunstwerk. Die Ranke, das Wolkenband, die Arabeske sind die Hauptornamente der neuen Teppiche. Das 16. Jahrhundert bringt außergewöhnlich schöne und feine Teppiche hervor, von denen die seidenen Polen-Teppiche des 17. Jahrhunderts sich mit ihrer Gold- und Silberbroschierung und etwas geringerer Knotendichte unter Verwendung von Baumwolle für das Grundgewebe abheben. Es ist die Zeit, in der die Bedeutung der Hofmanufakturen in den verschiedenen Zentren Persiens ihren Höhepunkt erreicht. Nach der Glanzperiode unter Schah Abbas dem Großen kommt es nach seinem Tode 1629 zu erneuten Türkenkriegen. Es folgt ein Jahrhundert des Abstiegs, die Afghanen stürzen am Ende die Safawiden-Dynastie. Während dieses kulturellen Rückgangs zog sich die Teppichkunst auf das Dorf oder auf die Nomadenstämme in die Steppe zurück. Unter Nadir Khan, dem Fürsten der östlichen Turkmenen und Statthalter Khorassans, werden die Afghanen aus dem Lande gedrängt. 1735 wird Herat mit dem turkmenischen Teil Afghanistans erobert. Es folgt Delhi, die Hauptstadt des indischen Mogulreiches, dann ein Teil Mesopotamiens und des südlichen Kaukasus. Durch diese Entwicklung wird die Knüpfkunst von einer stilistischen Erneuerung erfasst.
Die Muster werden wieder den alttürkischen Teppichen angepasst, und aus den floralen Mustern der Manufakturen entstehen geometrische Bauernmotive, wie sie in vielen nomadischen Teppichen Süd- und Nordpersiens zu finden sind. Es entwickeln sich neue Knüpfzentren wie Ardebil, Täbris, Bidjar, Ferahan, Schiras, Kirman und Mesched. Durch die Ausdehnung nach Osten und die Unterwerfung des Großmogulreiches werden wieder Künstler, die persischen Ursprung hatten und an den Kunstzentren des Mogulreiches arbeiteten, nach Persien gebracht. Unter der Regierungszeit Karim Khane (1752 bis 1779) werden nicht nur Künstler, sondern auch Arbeiter aus Indien an den Hof von Schiras zurückgebracht. Hierdurch entstehen Kunstwerke, die fast identisch mit denen des Mogulreiches sind. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts stieg die Nachfrage nach den kunstvoll gearbeiteten Teppichen des Irans wieder stark an: Europa und Amerika zeigten großes Interesse an den schönen Stücken. Medaillongliederung, durchlaufende Ranken, Blütenmuster und auch figürliche Darstellung in Form von Jagd- und Tierszenen bildeten wieder die Hauptornamentik.
Ostpersien
Die Stadt Mesched ist geistiger und wirtschaftlicher Mittelpunkt Ostpersiens. Sie war an der früheren Seidenstraße ein wichtiger Handels- und Tauschplatz für die Waren der Karawanen. Die Ost-West-Kriege zwischen dem heutigen Afghanistan und Persien gingen nicht spurlos an ihr vorüber; durch den Einfall der Afghanen 1722 wurde sie fast restlos zerstört. Heute sind nur noch Reste aus dieser Zeit erhalten.
Die Seidenstraße war die Ost-West-Verbindung von China zum Mittelmeerraum. Sie verlief im Bereich des Hindukusch und Pamir einmal nördlich über Samarkand, einmal südlich über Herat, und kam bei dem kleinen Städtchen Merw wieder zusammen, wonach Mesched das erste größere Handelszentrum war. Aus dieser Zeit der Karawanenzüge stammen die schönen Karawanen-Seray-Anlagen, wie sie noch um den Bazar zu finden sind. Es waren Herbergen, die Tiere und Menschen aufnahmen, um ihnen vor und nach dem langen, strapaziösen Weg Ruhe zu ermöglichen. Durch den Tausch und Handel der Karawanen wurden auch die in Mesched selbst und in der Umgebung geknüpften Teppiche nach Osten und Westen hin gehandelt; sie waren beliebte Tauschobjekte. Um Mesched herum leben verschiedene Nomaden- und Halbnomadenstämme. Die Grenzen zwischen Afghanistan und Ostpersien existieren meist für die nomadisierenden Völker nicht. So ist es oft schwierig, ihre Knüpfprodukte als afghanisch oder persisch zu bestimmen. Dies ist besonders bei den Belutschen der Fall, die im Gebiet südlich von Mesched und Herat leben. Die frühen Belutschen-Teppiche enthielten teilweise Seide, was auf eine Verbindung zu Mesched und die dort verlaufende Seidenstraße zurückzuführen ist.
Die Belutschen erzeugten wie alle Nomaden- und Halbnomaden meist kleinformatige Teppiche in Gebetsform mit einem Lebensbaum auf kamelhaarfarbigem Grund. Satteldecken und Salztaschen sowie sonstige Gebrauchsgegenstände wurden meist sehr fein gearbeitet und manchmal zu Repräsentations- zwecken mit Seide ausgefüllt. Selbst Zaumzeug für Pferdegeschirre wurde zum Schmuck mit kleinen, fein geknüpften Teppichstreifen bereichert. Neuerdings werden die feineren Exemplare im persischen Belutsch- Gebiet geknüpft: die sogenannten Mesched-Belutsch, während die in der Nähe der Stadt Herat in Afghanistan erzeugten Produkte meist etwas gröber sind und als sogenannte Afghan-Belutsch in Herat gehandelt werden. Südlich von Khorassan, das als persische Provinz die Landstriche südlich von Mesched umfasst, und nördlich von Birdjend liegt das Dorf Ferdos - ein heutiges Knüpfzentrum. Dort wurden von Belutsch- Stämmen kleinformatige Teppiche geknüpft. Das Grundmaterial besteht oft aus Ziegenhaar oder Wolle, die Knüpftechnik gleicht den Mesched-Belutsch, die Musterung und die Farben sind reichhaltig. Nördlich von Mesched lebt ein Teil der persischen Turkmenen, ein Unterstamm der Jomuden, die Djaffabay, und ein kleiner Stamm der Teke-Turkmenen, die nordwestlich von Mesched die Steppen gegen das Kaspische Meer hin durchziehen. Die westlich gelegene Stadt Gorgan ist der Mittelpunkt dieser turkmenischen Stämme. Knüpfprodukte dieser persischen Turkmenen-Stämme sind erst nach der Jahr- hundertwende zu finden, da die Stämme meist erst zu dieser Zeit aus den nördlich gelegenen russischen Gebieten nach Persien geflohen sind.
Nachdem die nach Süden, Osten und Norden gerichteten Landstriche meist von nomadisierenden Teppichknüpfern besiedelt waren, hatten die nach Westen und Südwesten hin orientierten Gegenden mehr städtischen Charakter. Die kleinen Dörfer wie Dorosch und Mud brachten sehr fein geknüpfte, weichflorige Teppiche hervor; sie wurden meist in türkischen Knoten gearbeitet, so dass diese Teppichgruppe in Europa als Turkbaff gehandelt wurde. Berühmte Familien-Knüpfereien wie Amoghli stellten Teppiche in feinster Knüpfung bis zu 10 Meter Länge auch für den kaiserlichen Hof her. Als Khorassan-Teppiche bezeichnete man in Europa bis ins 20. Jahrhundert städtische Teppiche aus Ostpersien ohne individuelle Herkunftsbezeichnung.
Westpersien
Im Süden Aserbaidschans schließen sich die Knüpfgebiete Westpersiens an. Die Hauptzentren sind von städtischen und nomadischen Herstellern geprägt. Die Städte Bidjar, Senneh und Kirmanschah besitzen eine sehr frühe Knüpftradition; sie hatten bereits im 16. und 17. Jahrhundert eine eigene Produktion entwickelt, die sich unter dem Begriff westpersische Teppiche zusammenfassen lässt. Diese waren geprägt von groß angelegten Arabesken sowie den bekannten Mustern der westpersischen Gartenteppiche. Besonders Bidjar und Senneh brachten gute Arbeiten mit völlig eigenständigen Motiven in feinster Knüpfung hervor. Sicherlich war der kurdische Einfluss in diesen Bereichen sehr stark.
Er zeigt sich vor allem in der großen, geometrisierten Formgestaltung, die der wilden, zerklüfteten, unzugänglichen Bergwelt des Kurdengebietes zu entsprechen scheint. Die Kurden selbst, ein traditionsbewusstes Gebirgsvolk, teils sesshaft teils nomadisierend, erzeugten meist kleine, selten großformatige Bodenteppiche in etwas groberer Knüpfung als die städtischen Hersteller. Die Kurden stellen eine eigenständige Volksgruppe indogermanischen Ursprungs dar, über deren Frühgeschichte man fast nichts weiß. Ihre Existenz war bereits zur achämenidischen und medischen Zeit bekannt. Ihr Lebensbereich erstreckt sich vom West Iran nach dem Irak bis zur Stadt Mossul und über das Gebiet der Südtürkei bis in die Grenzgebiete von Armenien und im Westen weit in die Türkei hinein.
Dieses Gebiet ist von Gebirgen durchzogen und bildet ein winterkaltes Hochland. Es umfasst nahezu 200000 qkm, die Gesamtzahl der Bewohner wird auf ca. 6 Millionen geschätzt, davon 2 Millionen in der Türkei, weitere 2 Millionen im Iran und 1,5 Millionen im Irak. Die Volksstruktur wird durch eine stark gegliederte Stammesbildung gekennzeichnet. Häufige Stammesfehden führten vielfach zu kastenartigen Stammes- und Großfamilien. Die Mehrzahl waren Bauern und Halbnomaden, was auf die fruchtbaren Talgebiete sowie auf das steppenartige Hochland zurückzuführen ist. Diese Teppichgruppe im persischen Bereich, wurde meist in dunkler und tiefer Farbgebung angefertigt. Die westpersischen Kurden, die auch ihre eigene Sprache, das Kurdi, haben, bestimmten die Teppichproduktion Westpersiens, so dass die Produkte aus Bidjar, Senneh und Kirmanschah als kurdisch bezeichnet werden könnten, zumal die in der Türkei lebenden Kurden ihren Teppichen eine völlig andere Technik und Musterung gaben.
Nordpersien
Den nordpersischen Raum kann man in seiner Gesamtheit in dem heutigen Regierungsbezirk Aserbaidschan zusammenfassen. Die Hauptstadt Täbris ist nach wie vor das Zentrum dieses Gebietes. Täbris war und ist künstlerischer Ausgangspunkt für den nordpersischen Raum. Im Norden befinden sich die Ausläufer des Kaukasus, das Grenzgebiet zu Russland hin, in dem heute noch die einfachen, geometrischen Muster der Volkskunst üblich sind. In den städtischen Bezirken überwiegt die Produktion in Manufakturen. Die Gestaltung eines Manufakturteppichs war durch die Vielfalt der Möglichkeiten der Werkstätten in den Mustern bedeutend reichhaltiger und in der Ausarbeitung der einzelnen Motive meist feiner. Die Entwürfe für die Teppiche wurden von Künstlerhand vorbereitet und danach den Knüpfern als Musterkartons vorgegeben.
Diese Vorlagen waren bereits in der Farbe und im einzelnen Ornament so perfekt, dass nur noch auf eine saubere Verarbeitung des Flormaterials geachtet werden musste. Die Knüpfkunst der nordpersischen Manufakturen war bereits seit dem 16. und 17. Jahrhundert berühmt, so dass sich begabte Künstler gerne den großen Manufakturen dieses Bereichs angeschlossen haben. In Heris und Täbris entstanden feinst gearbeitete Seiden-Gebetsteppiche sowie figural bemusterte Teppiche mit meist naturnahen Darstellungen in feinster Knüpfung.
Südpersien
Südpersien muss in zwei grundverschiedene teppichproduzierende Gebiete geteilt werden: einmal in die im Westen gelegenen, durch zwei Nomadenstämme besiedelten Länder um Schiras, zum anderen in die im Osten liegenden städtischen Provenienzen Kirman und Yasd. Östlich der Stadt Schiras leben die Afscharen, die türkischen Ursprungs sind. Sie leben als Bauern, Halbnomaden und Nomaden. Die Arbeit des Teppichknüpfens übernehmen, wie es bei den Nomaden im Gegensatz zu den Manufakturen üblich ist, die Frauen.
Ein weiterer Volksstamm, die Luren, leben unter gleichen Verhältnissen nordwestlich von Schiras. Ihre Teppicherzeugnisse sind ebenfalls nomadisch und gleichen in ihrer Technik und Herstellungsart den Kurdenteppichen. Ihr Farbausdruck ist meist dunkel und urgewaltig. Die Gashgai-Nomaden sind Turkvölker und wanderten wahrscheinlich aus dem Kaukasus in das Gebiet um Schiras im 13. und 14. Jahr- hundert ein. Sie sprechen noch heute türkische Dialekte. Im östlichen Gebiet, dessen kulturelles und wirtschaftliches Zentrum Schiras ist, wurden vornehmlich nomadische Muster verwendet. Diese wurden nicht auf Kartons aufgezeichnet weitergegeben, sondern in einer überlieferten Symbolik von Sippe zu Sippe vererbt.
Die so übertragenen Muster werden wie kleine Mosaiksteine vom Knüpfer selbst frei kombiniert. Die Flächen können demnach in verschiedenen Variationen, jedoch mit immer wieder gleichen Mustern, variabel gestaltet werden. Die Stadt Schiras lag auf dem islamischen Pilgerweg nach Mekka und Medina und war bekannt für feinste geknüpfte Gebetsteppiche. Die Pilger kauften hier ihre Reisegebetsteppiche gleichzeitig mit der Absicht, diese gegebenenfalls in einer Notlage veräußern zu können. Da die Gebetsteppiche von Schiras teilweise im Grundmaterial Seide enthielten und der Flor sehr kurz geschoren war, bildeten sie bei der Reise auch einen guten Schutz gegen Kälte, so dass sie auch als Decke Verwendung fanden.
Zentralpersien
Zentralpersien erlebte unter der Dynastie der Safawiden (1502-1722) eine Hochblüte. Diese Herrscherdynastie bestimmte die Geschichte Persiens und damit auch die Kunst im Allgemeinen. In dieser Zeit wurden auch von Isfahan aus andere Knüpfzentren eingerichtet, wie beispielsweise Herat und Kirman. Diese Entwicklung wurde durch die Ausdehnung der safawidischen Kunst begründet. Gute Beispiele dieser Zeitepoche sind der Wiener Jagdteppich, der ganz in Seide geknüpft ist, sowie die Polenteppiche, deren Flor aus Seide und gold- und silberbroschierten Teilen besteht. Exemplare aus dieser Zeit finden sich in den großen, weltbekannten Museen.
Nach dem Untergang der Safawiden hielt die Knüpfkunst auch Einzug in die Häuser des einfachen Volkes und ging von den höfischen Manufakturen über zur Volkskunst. Die safawidischen Muster wie große Medaillonblüten, Arabesken und die sogenannten Schah-Abbas- Palmetten wurden übernommen und in den städtischen Regionen zum eigenen Muster entwickelt. Daher bildeten zentralpersische Teppiche in späterer Zeit in den Städten Isfahan, Keschan und Djoshegan ihre markanten eigenen Muster aus.
In Isfahan wurden im 19. Jahrhundert auch die Muster der Kachelarbeiten aus den Moscheen übernommen und dienten als Vorlage für feinst geknüpfte Teppiche, die vor allem um die Jahrhundertwende entstanden. Es sind die sogenannten Medaillon-Isfahans, die vorzugsweise auf naturbeigem Grund hergestellt wurden. Grundfarben wie blau und rot kommen gelegentlich ebenfalls vor. Als Grundmaterial wird häufig Seide benutzt, eine Art der Herstellung, wie sie bereits in Senneh angewandt wurde.
Im ostpersischen Raum, in der Nähe der Stadt Mesched, wurden im 19. Jahrhundert die feinsten Teppiche dieses Distrikts hergestellt. Sie standen in einem gewissen Konkurrenzverhältnis zu den im zentralpersischen Senneh-Gebiet geknüpften Teppichen und sind auch häufig in einer ähnlichen Zeichnung ornamentiert. In Dorosch wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts häufig Knüpfaufträge des kaiserlichen Hofes ausgeführt. Dorosch-Teppiche sind heute im modernen Iran zu beliebten Sammlerobjekten geworden.
Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich in der Stadt Täbris ein Teppichmuster-Typ, der teilweise schon von der europäischen Geschmacksrichtung her geprägt wurde. Die Blütenornamentik wird feiner und geschlossener; es entstehen große Medaillons sowie ebenso große Eckmotive. Diese Formgebung lässt an die barocken Muster Europas denken. Das gleiche stellt man in den Bordüren fest. Diese Musterform überträgt sich auch in unser Jahrhundert und ist in zahlreichen fein gearbeiteten Manufakturteppichen in ganz Persien zu finden.
Das Grundfundament dieser Kunstentfaltung hat sich bis in unsere Zeit erhalten. Traditionsreiche Muster, verbunden mit fleißiger, exakter Arbeit, und die Verwendung von gutem Wollmaterial führen heute noch dazu, dass fein geknüpfte Teppiche aus Täbris, auch wenn sie modern sind, immer noch beliebte Kunstobjekte darstellen. Vor allem die einheimische Bevölkerung bevorzugt einen gut geknüpften Teppich aus Täbris. Bei der Musterung griff man immer auf die Tradition zurück, und bereits gut entwickelte Muster wurden noch besserer Gestaltungsform gebracht - eine Entwicklung, die nur in Aserbaidschan, vor allem aber in Täbris zu finden ist. In der Perfektion der Gestaltung von Tieren, Szenen und bildhaften Darstellungen waren und sind die Aserbaidschaner Meister. Dies gilt nicht nur für die Knüpfkunst, sondern auch für ihre Silber-, Holz- und Keramikarbeiten. Die Knüpfereien in Täbris galten in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts als die besten in ganz Persien. Die Stadt war in jener Zeit Sommerresidenz der iranischen Kaiser. Viele Bestellungen kamen aus den höfischen Kreisen, so dass die Knüpfkunst stark am höfischen Geschmack orientiert war. Im nordpersischen Raum, wo der höfische Einfluss des 19. Jahrhunderts für die Kunst maßgebend war, entfaltete sich in vielen Bezirken eine Hochblüte.
In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts begann in Teheran vereinzelt das Knüpfen von kleinformatigen Teppichen. Die im Süden gelegenen großen Knüpfzentren wie Isfahan und Keschan beeinflussten die Muster, die keine Eigenständigkeit aufwiesen. Es war die Zeit, als Teheran selbst an Bedeutung gewann und zum Sitz des Kaiserhauses wurde. Der heutige Bazar-Bezirk war der damalige Mittelpunkt der Stadt, die sich dann im 20. Jahrhundert in der Kolonialzeit nach Norden hin ausdehnte und zur heutigen Metropole entwickelte. Teheran selbst ist der bedeutendste Umschlagplatz geknüpfter Teppiche in der islamischen Welt. Von den einzelnen kleinen Dorf-Bazaren wurden die meisten Knüpfobjekte zum Verkauf nach Teheran gesandt. Durch die Vielzahl der hier gehandelten Exemplare wurden die besten Muster für die eigene Produktion übernommen.
Durch die Anlehnung an die Turkmenen und die Verschmelzung mit ihnen sind die Knüpfobjekte in Musterung und Kolorit ähnlich. Die frühen Teppiche aus dem nördlich der Stadt Mesched liegenden Gebiet, also der Typ der persischen Belutschen, enthalten dagegen ein leuchtendes Kolorit. Für ihre Muster wählten die Belutschen Formen aus der Symbolik ihrer östlichen und westlichen Nachbarn.
Das Gebiet von Ferahan gewann Anfang des 19. Jahrhunderts an Bedeutung durch die sehr feinen Knüpferzeugnisse dieser Zeit. Es war die gleiche Zeit, als in der benachbarten westpersischen Stadt Senneh ebenfalls die Knüpfkunst zur Hochblüte kam. Die Anstrengung der Knüpfer, die alte Tradition von den berühmten Knüpfereien des 17. Jahrhunderts aus Keschan und Isfahan zu übernehmen, war gelungen. Es entstand in dieser Zeit ein völlig eigener Stil, der bei vielen Stücken Zentralpersiens zu sehen ist. Eine möglichst geschlossene Fläche durch ein eigenständiges Muster zu erreichen, war das Ziel der Hersteller. Während in Senneh das Miri-Boteh-Muster über den gesamten Teppich in gleichmäßigem Rapport angeordnet wurde, ist bei dem Zil-i-Sultan-Muster in diagonaler Reihung abwechselnd ein aus drei Blüten bestehender Strauß sowie eine Vase mit aufstrebenden Blüten gezeichnet. Diese Blütenmotive enthalten jeweils zwei markante, sich gegenüberliegende Vögel. Bei dieser Teppichart werden die Bordüren meist in beiger Grundfarbe ausgestaltet, so dass die Fläche des Innenfeldes mit der schmalen Bordürenfläche verschmilzt.
Im Ferahangebiet werden Teppiche in Formaten von 200 x 130 cm (sogenannte Sedjadeh) und Brücken in der Größe von 150 x 100 cm (Saronim) bevorzugt hergestellt. Dies mag mit der Verwendung als Gebetsteppich zusammenhängen, kann aber auch darauf zurückgeführt werden, dass diese Größen von fremden Käufern bevorzugt wurden. Die Feinheit dieser Knüpfobjekte hat ebenfalls zur Beliebtheit der Teppiche beigetragen. Eine Knüpfdichte bis zu 800.000 Knoten pro Quadratmeter ist nicht selten, so dass der Flor einen lederartigen Griff besitzt. Die Kette der Ferahanteppiche besteht aus fein gezwirnter weißer Baumwolle, die Schüsse aus hellblauer oder weißer gesponnener Baumwolle. Die Muster sind vielfach mit einem Medaillon angelegt. Daneben kommen ebenso häufig durchgehende Ornamente wie bei dem Zil-i-Sultan vor. Bei zahlreichen Exemplaren sind die Ecken betont. In der freien Innenfläche, die in den Grundfarben Beige, Blau und Rot sowie Grün und Gelb gehalten sein kann, sind Blütenzweige in verhältnismäßig stark geometrisierten Formen eingeknüpft. Diese Musterart wird auch für die weiteren Flächen des Teppichs verwendet. Insgesamt gesehen herrscht bei Ferahan-Teppichen ebenso wie bei den Saruks eine strengere Linienführung vor, als es sonst im zentralpersischen Raum üblich ist. Ferahan-Teppiche sind daran zu erkennen, dass sie weicher im Griff sind. Die Ursache dafür liegt in der Parallelanordnung der Kettfäden. Bei Teppichen aus dem Sarukgebiet liegen die Kettfäden meist um 45 Grad versetzt zueinander, so dass sich keine glatte Rückseite ergibt.
Die Stadt Hamadan, der höchstgelegene Ort des zentralpersischen Hochlandes, war für die Herstellung antiker Teppiche nicht sehr bedeutsam. Es wurden nur Teppiche angefertigt, die für den eigenen Bedarf benötigt waren. Deshalb sind die Stücke, die Ende des 18. Jahrhunderts auftauchen und im 19. Jahrhundert folgen, meist lang und schmal. Es handelt sich oft um vier Teppiche, die gleich im Muster, doch unterschiedlich in ihrer Größe sind. Man benötigte Sie als Ess- und Wohnteppiche im eigenen Haus. Die Muster der Hamadan-Teppiche sind im System fast immer gleich und besitzen wenig Variationen. Noch heute werden in Hamadan Teppiche in grober Knüpfung hergestellt, die die Muster der antiken Stücke tragen. Die Zeichnung besteht aus längsgestreckten weißen oder kamel- haarfarbigen Kartuschenformen, deren Fläche oft mit einem einfachen Gittermuster versehen ist. Als Medaillon in den Kartuschen wird ein Rhombus mit Füllmotiven verwendet. Das Gesamtmuster wird oft hintereinandergelegt, so dass sich einzelne Medaillonformen wiederholen. Die Formen der Kartuschen erscheinen wiederum in den Bordüren, und die äußere Umrahmung stellt oft eine reziproke Spitzpfeilbordüre dar.
Im Heris-Gebiet, südlich der Stadt Täbris, entstand eine Gruppe fein geknüpfter Heristeppiche, die als sogenannte Baghschaich bezeichnet werden. Im Gegensatz zu den stark flächigen Herisstücken lehnen sich ihre Muster mehr an die Formen von Täbris an. Die Musteraufteilung geht von einem strahlenförmigen Medaillon aus, während sonst im Heris-Gebiet geradlinige Flächenformen vorherrschen.
Mit dem ausgehenden 19. Jahrhundert endet eine Produktion sehr fein geknüpfter Seidenteppiche in Nordpersien. Seit dem 18. Jahrhundert bestand in der Stadt Heris die Tradition, kleine und großformatige Teppiche in feinstem Seidenmaterial herzustellen. Aus dem 18. Jahrhundert ist ein Teppich in der Größe 3,00 m x2,00 m bekannt, der eine Datumsignatur enthält. Dieser Teppich ist mit einer Knüpfdichte von nahezu einer Million Knoten pro Quadratmeter gearbeitet. Wie konnte es gerade in der unbedeutenden Stadt Heris zu einer derartigen Hochblüte der Knüpfkunst kommen? Durch die Bedeutung Nordpersiens als Regierungssitz hatten sich die Knüpfereien der Umgebung der höfischen Nachfrage angepasst, ja sie wurden vom Hofe aus unterstützt, um zu derartig hohen künstlerischen Leistungen fähig zu sein. Diese Entwicklung war kein eigenständiger Vorgang, sondern wurde vielmehr von den bereits bestehenden und teilweise niedergegangenen fremden Knüpfzentren geprägt.
Zur Erkennung von frühen Heris-Teppichen kann man zwei Merkmale anführen: einmal die Farben, bei denen meist ein stark leuchtendes Hellblau sowie Dunkelblau und ein heller Naturseidenfarbton erscheint. Zum anderen ist die Knüpfung ein Kennzeichen, denn die sehr feinen Seidenketten liegen parallel nebeneinander und sind nicht geschichtet, so dass eine glatte Rückenfläche des Teppichs entsteht.
Bei diesen meisterlichen Knüpfarbeiten des 18. und 19. Jahrhunderts kommen auch nicht selten Schriftzeichen vor, die in Zusammenhang mit dem Verwendungszweck des einzelnen Exemplars stehen.
Die Musteranlagen der heutigen Heris-Teppiche entsprechen denen ihrer frühen Vorbilder. Lediglich die Farbgebung verändert sich durch die modernen Industriefarben, die nicht mehr in der Harmonie die Wirkung der Pflanzenfarben erreichen. Die Knüpfer - einfache Menschen, die es gewohnt waren, die immer miteinander harmonierenden Naturfarben zu verwenden - erhalten um die Jahrhundertwende Industriefarben, die sie nach alter Tradition und Gewohnheit benutzten. Dabei ergaben sich oft Farbzusammenstellungen, wie sie in der Natur nicht vorkommen können. Obwohl alte naturfarbene Teppiche oft sehr viele verschiedene Pflanzenfarben enthalten, wirken sie niemals unharmonisch. Das Hauptmuster der Herisstücke besteht meist aus großen, geometrischen Flächen, die von einer Medaillon-Ornamentik ausgehen und bei denen Rot, Beige und teilweise Grün die Hauptfarbflächen des Teppichs ausmachen. Als Dekoration der Flächen gebraucht man geometrisch verlaufende Blütenzweige, oft mit großen Lanzettblättern. Das verwendete Wollmaterial in Heris ist außergewöhnlich widerstandsfähig und hart.
Heris Serapi
Eine Gruppe von weißgrundigen Heris-Teppichen wird heute, insbesondere in Amerika, als Seraphi bezeichnet. Sie sind meist in etwas feinerer Knüpfung als die üblichen Heris-Teppiche gearbeitet und besitzen außerdem eine reichhaltige Farbskala, die neben verschiedenen Rot, Blau-, Grün- und Gelbtönen auch Kamelhaar enthält. Seraphi-Teppiche werden meist in den Formaten der Gebrauchsteppiche gehandelt und sind selten kleiner als zwei auf drei Meter. Ihre geometrische Zeichnung und die damit verbundenen Farbflächen sind für die Dekoration moderner Räume sehr beliebt. Der Musteraufbau besteht aus geometrisierten Arabesken. Die die Blüten verbindenden Zweige sind ebenso streng geometrisch wie die Blütenformen. Noch heute werden in Nord Aserbaidschan gute Heris-Teppiche in der gleichen Knüpftechnik, mit gutem Wollmaterial und in fast identischer Musterung hergestellt. Sie gelten als gute, strapazierfähige Gebrauchsteppiche.
In Nordwestpersien, im Gebiet von Ost Aserbaidschan, liegt die kleine Stadt Karadagh. Aus dieser Gegend kommen die heute noch bekannten Teppiche mit der Bezeichnung Karadja. Früher wurde dagegen die Gesamtheit der nordwestpersischen Teppiche unter dem Begriff Heris oder Täbris zusammengefasst. Die in unserem Jahrhundert gearbeiteten Teppiche aus dieser Provenienz sind auf Baumwolle geknüpft, während bei früheren Exemplaren für Kette und Schuss Wolle verwendet wurde.
Das kleine Städtchen Sarab liegt zwischen der Hauptstadt Aserbaidschans, Täbris, und der im Nordosten befindlichen Stadt Ardebil an dem Fluss Talkheh Rud am Ende des Tales Khavari. Diese Stadt produziert heute noch Teppiche. Hohe Gebirgszüge (bis 4 800 m) umgrenzen die sehr fruchtbare Ebene. Sie zieht sich bis zur Stadt Täbris hin und zählt zu den Kornkammern Aserbaidschans. In den fruchtbaren Tälern lebten einst reiche und bedeutende Stämme, die ihren Einfluss auf das umliegende Gebiet geltend machten. Aus der Zeit des 18. und 19. Jahrhunderts stammen aus dieser Gegend sehr schöne Ton- und Keramikarbeiten, die teppichähnliche Muster aufweisen.
Die kleine Stadt Bidjar zeichnet eine lang zurückreichende Teppichtradition aus.
Bereits im Mittelalter erlangte sie Bedeutung durch die Karawanenstraße, die von Zandjan im Norden über die Stadt Kermanschah die Verbindung nach Bagdad und von hier aus weiter Zum Mittelmeerraum herstellte. Bereits zur Zeit von Schah Abbas (1587 bis 1628) kamen von dort erlesene Teppiche in feiner Ausarbeitung in außergewöhnlichen Größen. Ein Exemplar dieser Zeit befindet Sich im Metropolitan Museum in New York.
Der dort gezeigte Teppich präsentiert auf dunkelblauer Grundfarbe groß ausladende, geometrische Motive. Diese Art der Musterung hat Sich bis in unsere Zeit erhalten und bildet noch immer die Grundlage der Motivgebung für die Knüpfer dieser Gegend. Die gute Erhaltung von antiken Stücken verdanken wir der robusten, starken Wolle, die für das Flormaterial verwendet wurde. Ein Bidjar gilt auch heute noch als einer der strapazierfähigsten Teppiche überhaupt. Das kräftige Material wurde meist so verwendet, dass eine dichte, geschlossene Flordecke entstand. Das Wollmaterial stammt von den westlichen Bergen aus Kurdistan und wurde in den Bidjar benachbarten Hochebenen verarbeitet. Die Volksgruppen des westlichen Kurdistans verteidigen noch heute ihre Eigenständigkeit. Die Städte Senneh und Bidjar sind die Handelsplätze für die Produkte der nomadisierenden Kurden. Dabei ist aufgrund der geographischen Lage in der Stadt Bidjar der Kurdeneinfluß noch stärker spürbar.
Ein sogenanntes Miri-Boteh-Muster gibt den Mir-Teppichen ihren Namen. Es handelt sich also nicht um eine Herkunftsbezeichnung. Sie wurden in den westpersischen Gebieten um die heutige Stadt Arak hergestellt. Noch heute wird dieses in Persien sehr beliebte Muster in Heimarbeit in den Gebieten um Arak geknüpft. Die Teppiche werden als sogenannte Saruk-Mir gehandelt, die in allen Hauptfarben vorkommen. Das kleine Palmettenmuster und die Bordüren bleiben stets gleich. Bei den Mir-Teppichen des 19. Jahrhunderts ist fast ausschließlich Rot als Grundfarbe verwendet. Da die früh entstandenen Stücke für den eigenen Bedarf und unbeeinflusst von Exportbestellungen waren, wurden sie immer in sehr feiner Knüpfung und gutem Wollmaterial gearbeitet. Das Miri-Boteh-Muster ist bei den alten Erzeugnissen, auch auf den Stoffen und Flachgeweben, meist groß und floral gehalten.
Die Stadt Veramin liegt ca. 60 km südöstlich von Teheran auf der Strecke nach Semnan und Mesched. Im 13. und 14. Jahrhundert fand sie in der Mongolenzeit starke Beachtung. Als Verwaltungszentrum der damaligen Zeit weist sie heute noch schöne Baudenkmäler auf. Die modernen Veramin-Teppiche werden in der nahe gelegenen Stadt Teheran gehandelt: es sind meist nur Teppiche bekannt, die in den letzten 20 bis 30 Jahren geknüpft wurden. Frühere Exemplare sind außergewöhnlich selten, vor allem Stücke aus dem 19. Jahrhundert. Die Veramin-Teppiche besitzen meist nur zwei Grundmuster, zum einen das Rosettmuster mit weiteren Blüten, meist auf blauem oder rotem Grund, sowie ein Rapportmuster mit geweihähnlichen Motiven um eine Rosettblüte. Die modernen Veramins sind mit guter Wolle geknüpft und meist in einer Schichtung von 45 Grad gearbeitet, so dass ein festes, steifes Grundgewebe vorhanden ist.
Das Veraminmuster stellt in Zentralpersien eine Motiveinheit in eigenständiger Form dar. Die Bordürenornamentik ist hiervon ausgenommen; sie dient lediglich als Rahmen für das Grundmuster und ist den Heratiborten sehr ähnlich.
Mochtaschem-Keschan
Während in den zentralpersischen Provenienzen Ferahan und Saruk die Knüpfkunst nach der Jahrhundertwende (19./20. Jh.) nachlässt und zu einfacheren Produkten übergeht, kommt es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer Renaissance der Knüpfkunst in Keschan. Die Tradition des 17. Jahrhunderts wird nicht in Hofmanufakturen, sondern in privaten Werkstätten weitergeführt, die sich durch ihre Qualität und feine Gestaltung der Muster sowie hervorragendes Material auszeichnen. Eine dieser Knüpfereien ist die der Familie Mochtaschem. Ihre Teppiche wurden weltbekannt und von den Käufern aus Europa und Amerika Anfang unseres Jahrhunderts gleichermaßen bevorzugt. Die Muster dieser Teppichgruppe werden, wie es bei höfischen Teppichen üblich war, geplant auf Kartons vor dem Knüpfen festgehalten.
Kurkwoll Keschan
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (um 1880) entstand eine Gruppe von Teppichen, die mit sehr weichem, feinem Wollmaterial geknüpft wurde. In der persischen Sprache bedeutet das Wort Kurk so viel wie weich, so dass diese Teppiche als Kurkwoll-Keschans bezeichnet wurden. Die Wolle wird eigens von dem Rücken der JährIingsschafe gewonnen. Der Farbausdruck dieser Teppiche wird durch das etwas changierende Wollmaterial sanfter, weil die einzelnen Farben weich und harmonisch ineinander übergehen. Kurkwoll-Teppiche waren in Amerika sehr beliebt, so dass sie nach der Jahrhundertwende zahlreich dorthin exportiert wurden.
Aus den indischen Mogul-Gebetsteppichen entwickelte sich eine Gruppe von Gebetsstücken mit vergleichbarem Muster, die sogenannten Mille-Fleurs-Teppiche (Tausendblumenteppiche). Die ursprüngliche Gruppe der indischen Teppiche brachte in der Geschichte ihres Bekanntwerdens in Europa einige Probleme mit sich. Indische Teppiche wurden bis in unsere Zeit von vielen Experten als südpersischen Ursprungs angesehen. Bereits Anfang unseres Jahrhunderts erkannte jedoch eine Gruppe von Sammlern und Fachleuten ihre Herkunft aus Indien. Indische Teppiche haben im Wesentlichen ihren künstlerischen Ursprung aus der islamischen Kunst sowie dem im Norden liegenden Tarim-Becken Ostturkestans. Bereits im 8. Jahrhundert beginnt die erste islamische Staatsbildung in Indien, die erste persische Bewegung auf indischem Gebiet. Der persische Einfluss verringert sich durch die afghanisch-türkischen Raubzüge nach Indien. Die Turk-Dynastien entfalten ihren Einfluss in diesem Gebiet, und es ist bis heute unbekannt, ob die Knüpfkunst bereits im 12. Jahrhundert in Indien bestand oder durch diese Stämme nach Indien kam. Die kulturellen und religiösen Verbindungen Indiens zum osmanischen Reich trugen unter anderem zur Musterentwicklung dieser Teppichgruppe bei. Da die Gebetsteppiche der Mogulzeit künstlerisch und handwerklich so großartig sind, muss eine Entwicklung der Knüpfkunst in Indien statt- gefunden haben. Die textilen Funde am Rande der Wüste des Tarim- Beckens aus dem 11. und 12. Jahrhundert unterstützen die Ansicht, dass auch starke Einflüsse auf Nordindien von hier ausgingen. Es bestanden Verbindungswege zwischen Indien und Ostturkestan über die Pässe des Karakorum seit alters her. Es waren die Karawanenwege, die nur im Sommer passierbar waren, da Pässe bis zu 4000 m Höhe überwunden werden mussten. Diese Strecke ist ein Teilabschnitt der Seidenstraße. Mit der Verbindung nach Norden entstand gleichzeitig ein Handel mit dem benachbarten ostturkestanischen Gebiet und, damit verbunden, der Austausch von Kunstgegenständen und Erfahrungen. Aus Reiseberichten wissen wir, dass durch diese Handelswege nicht nur Verbindungen nach Norden, sondern auch zu den im Westen lebenden persischen Nachbarn bestanden. Aus der in Südpersien liegenden Stadt Kirman sollen Teppiche nach Indien gebracht worden sein. Kirman ist der letzte bedeutende Teppichort auf der Reise von Persien nach Indien auf der Südroute. Es kann angenommen werden, dass nicht nur Teppiche aus Kirman, sondern auch aus anderen persischen Städten nach Indien gelangten. Wahrscheinlich waren die viel- fältigen Muster und die reichhaltige Farbgebung sowie die feine Gestaltung dieser Teppiche für Indien der Anreiz dafür, im 16. und 17. Jahrhundert in den höfischen Kunstzentren eigene Teppiche herzustellen. Im 16. Jahrhundert wird der indische Kaiser Humayun vertrieben. Durch die guten Kontakte zu Persien flüchtet er dorthin. Hier erhält er Unterstützung von Schah Tahmasp. Eine Armee mit persischen Soldaten sollte das indische Land zurückerobern. Nach erfolgreichen Feldzügen fanden die persischen Soldaten im nordindischen Raum der Hochebene von Kaschmir ein geeignetes Land, das ihrer Heimat entsprach. Sie trafen ein Gebiet an, das fruchtbar war, und ein Klima, das dem ihrer Heimat entsprach. Die Perser ließen teilweise ihre Familien nachkommen und hatten im Hochland von Kaschmir eine neue Heimat gefunden - in einem Land, in dem gute Wolle und Seide vorhanden waren. Die Pflanzenwelt war darüber hinaus so reichhaltig, dass die besten und schönsten Farben hergestellt werden konnten. Da die Perser, insbesondere die Frauen, das Knüpfen von Teppichen verstanden, waren alle Voraussetzungen dafür erfüllt, dass diese Kunst fortbestand. Der Austausch von Mustern mit Turkestan durch die Handelsverbindungen lag nahe, wodurch die Kaschmir-Produkte eine eigenständige Prägung erhielten. Die Mogul-Zeit begann mit dem Gründer des Reiches Babur, einem Nachkommen Timurs, mütterlicherseits verwandt mit Dschingis- Khan. Er wurde 1483 geboren und starb 1530 in Agra. Er gewann die Schlacht von Panipat unweit von Delhi, wo westliche afghanische Stämme das Land zu erobern versuchten. Unter seiner Macht wurde Agra die Hauptstadt Indiens. Sein Sohn Humayun musste, nach Persien fliehen. Nach seiner Rückkehr verstarb er in Indien. Sein Sohn Akbar (1556-1605) - beeinflusst von der hohen Kultur Zentralpersiens - dehnt seine Macht auf ganz Indien aus. Er nannte sich selbst Mogul von Indien und war als Staatsmann und Feldherr einer der größten Herrscher Asiens. Durch sein Geschick und seine Klugheit gelang es, die zerstrittenen Hindus und Moslems zusammenzuführen. Hierdurch gab es keine religiösen Zwistigkeiten mehr, und die Menschen konnten friedlich nebeneinander leben. Er förderte die Wissenschaften und die Künste im eigenen Land. Die Unterstützung der Künstler, Architekten, Wissenschaftler und Handwerker durch den kaiserlichen Hof war gesichert. Sie wurden teilweise aus Persien an den indischen Hof zur Arbeit gerufen. Es war die Zeit der Gründung der berühmten Miniatur- und Kunstmalschulen Indiens. Das nordindische Gebiet von Kaschmir wird zur Sommerresidenz der Mogul-Kaiser ernannt. Die Kunstschulen und Manufakturen werden auf die nordindischen Städte Lahore und Agra ausgedehnt. Der Einfluss der zentralpersischen Kunst war wahrscheinlich so stark, dass Akbar sein Reich nach dem Vorbild Persiens aufbaute und regierte. Die Kunst erhielt charakteristisch persische Züge. Die nach Indien beorderten Künstler wurden in ihrem Schaffen von der Umwelt ihrer neuen Heimat beeinflusst, so dass ein eigenständiger indischer Stil entstand. Von der Üppigkeit der Natur waren die einzelnen Künstler so fasziniert, dass sie die reichhaltige Welt der Pflanzen in ihren Kunstwerken festhielten. Die einzelnen Muster wurden bildhafter und fantasievoller, sie wurden kleiner und realistischer. Bedingt durch das feine Material wirken die einzelnen Objekte auch feiner, filigranartiger gestaltet als im Mutterland. Ebenso wie in der Teppichknüpfkunst entstehen Silberarbeiten und Miniaturen in feinster Ausführung. Die Teppiche selbst erhalten geschmeidiges und feines Wollmaterial aus Kaschmir, teilweise auch Seide, die aber meist als Grundmaterial dient. Durch dieses Grundmaterial ist eine sehr hohe Knotendichte zu erreichen. Während anfänglich die osmanische und persische Hofkunst Vorbild war, ging man auf eigenständige Muster über. Man gestaltete Tiere in allen Formen und Bewegungen sowie asymmetrisch auf dem Teppich verlaufende Motive und einseitig aufstrebende bewegte Blütenornamente, vor allem in den Gebetsteppichen. Diese erreichten ihre künstlerische Hochblüte in Nordindien, während die vorher erwähnten Muster im zentralindischen Raum, vor allem um Agra, ihre Heimat fanden. Blüten und Stauden sowie Zweige und Äste, Blattformen und Blütenblätter bekommen eine lebendige Form. Es entstehen Gebetsteppiche in so naturalistischer Art, dass sie dem Betrachter wie ein offenes Fenster erscheinen, das den Blick in einen Garten öffnet. Diese Liebe zur Natur, die aus den Teppichen spricht, mag auf eine enge Verbundenheit der Mogul-Kaiser zur Natur zurückzuführen sein. Sie waren als leidenschaftliche Jäger und Naturfreunde bekannt. Dies kommt ebenfalls auf den Miniaturen der gleichen Zeit zum Ausdruck. Der Höhepunkt indischer Kunst wird erlangt in der Zeit Schah Dschahans, der von 1628-1658 lebte und die schönsten Bauwerke Indiens entstehen ließ. Der Tadsch Mahal, eines der prunkvollsten Bauwerke Indiens, wurde errichtet. Während seiner Herrschaft, die von einer übermäßigen Bautätigkeit und künstlerischen Interessen bestimmt war, führten unglückliche Staatsführung und missglückte Kriegszüge das Mogulreich an den Rand des Zusammenbruchs. Die Feinheit indischer Teppiche des 17. Jahrhunderts spricht dafür, dass sie nicht nomadischen oder bäuerlichen Ursprungs sind, sondern in Manufakturen, die dem Hofe unterstanden, geknüpft wurden. Wegen des feuchtheißen Klimas des Landes wurde der Teppich nicht zum Bedarfsobjekt der Bevölkerung und deshalb auch nicht heimisch. Aus diesem Grund sind selten bäuerliche oder Teppiche nomadischen Ursprungs in Indien zu finden. 50 Jahre nach dem Niedergang der Mogul-Kunst entwickelt sich in Südpersien ein neuer kultureller Mittelpunkt islamischer Kunst am Hofe der Zand-Dynastie (1731-1794) in Schiras. Unter Karim Khan werden Künstler aus Indien nach Schiras gerufen, um die Kunst seines Hofes zu bereichern. Sicherlich kamen zu dieser Zeit auch Mustervorlagen der bedeutenden Mogul-Gebetsteppiche nach Schiras und wurden dort in eigenständiger Weise verwendet. Die Schiras-Wolle ist wesentlich härter und hornhaltiger als die weiche Mogul-Teppich-Kaschmir-Wolle. Während die indischen Mille-Fleurs-Teppiche noch auf seidene Ketten geknüpft sind, die in kurzen Abständen verschieden gefärbt sind, werden die späteren Teppiche in Schiras auf Wolle oder Baumwolle geknüpft. Die Strukturanalyse liefert einen Hinweis auf die Existenz zweier grundverschiedener Herstellungsorte. Es ist unmöglich anzunehmen, dass während der südpersischen Zand-Dynastie Kaschmirwolle, Seide sowie Farbrezepte und deren Grundmaterialien zusammen nach Schiras gebracht wurden, zumal zur Zeit der Zand-Dynastie eigene Teppiche mit dem Muster der Mogul-Gebetsteppiche hergestellt wurden. Von Schiras ging das Muster in weitere Knüpfgebiete Persiens über und war bis zur Jahrhundertwende beliebtes Motiv für aufwendige Gebetsteppiche. Im Ferahan-Gebiet wird das Mille-Fleurs-Muster in der gewohnten, geometrischen und geradlinigen Form wiedergegeben.
Die Teppiche, die als Schiras bezeichnet werden, sind meist nicht in der Stadt selbst, sondern von den in der Umgebung herumziehenden Nomaden geknüpft. Die Stadt ist Handelszentrum dieser Teppichgruppe. Sie wurde bekannt durch die berühmten persischen Dichter Hafis und Sadi, die sie als Stadt der Rosen in ihren Gedichten und Gesängen priesen. In der Zand-Dynastie war sie Hauptstadt des persischen Reiches und gleichzeitig dessen kultureller Mittelpunkt.
Die Afschari-Nomaden sind ein eigenständiger Stamm und leben in den östlichen Bezirken der Fars-Region. Ihre Erzeugnisse werden in den Bazaren von Schiras und Kirman gehandelt. Sie sind wie Kurden türkischen Ursprungs und wurden durch die Auseinandersetzungen zwischen den Safawiden und den Osmanen im 17. Jahrhundert in ihre heutigen Lebensbereiche verdrängt. Ihre ursprünglichen Weidegebiete lagen im Euphrat-Tigris-Gebiet, westlich der heutigen Heimat. Die moderne Teppichproduktion ist noch sehr rege, und die eigenständigen Muster in Form von geometrischen Blütenornamenten sowie mosaikartigen Flächen bestehen heute noch. Ihre Erzeugnisse enthielten bis Zum Beginn unseres Jahrhunderts wollene Kett- und Schussfäden, die später durch Baumwolle ersetzt wurden.
Teppiche, die in Yasd geknüpft wurden, haben starke Ähnlichkeit mit den Stücken der südlich gelegenen Stadt Kirman. Es kommt oft vor, dass Yasd-Teppiche zu der Gruppe der Kirman-Teppiche gezählt werden. Die Eigenständigkeit der in Yasd geknüpften Exemplare besteht darin, dass sie im Musteraufbau nicht so dicht gestaltet wurden. Die Muster erscheinen freier in die Fläche gelegt, und jedes wirkt einzeln für sich. Eine Ornamentierung in einseitiger Richtung ergibt sich. Die Farbgebung der Yasd-Teppiche unterscheidet sich von derjenigen der Kirman-Teppiche darin, dass sie meist in einem dunkleren Blaurot und mit vielen Hellblautönen gearbeitet wurden. Bei Teppichen unseres Jahrhunderts wird auch in Yasd die Spiegelornamentik bevorzugt. Die Farben Hellblau und Dunkelblaurot sind auch hier als markant zu bezeichnen.
Seit Alters her besteht in Kirman die Tradition, Teppiche in feiner und feinster Ausarbeitung herzustellen. Die Muster variieren von Gebetsteppichen mit indischen Mille-Fleurs-Mustern über durchgemusterte Miri-Boteh-Teppiche bis zu sogenannten Spiegelornamenten, die Ende des 19. Jahrhunderts aufkamen. Weitere Motive waren die sogenannten Figural-Teppiche mit menschlichen Darstellungen, darunter Persönlichkeiten des Hofes. Das Wollmaterial in Kirman wird durch die geographische Lage südlich der Salzwüste gekennzeichnet- es ist immer geschmeidig und weich. Hierdurch ist der Erhaltungszustand von antiken Stücken meist nicht perfekt. Bei moderneren Exemplaren ist der Flor oft etwas höher, so dass die Teppiche strapazierfähiger wurden. Die neue Produktion wurde im 20. Jahrhundert jeweils dem Geschmack der ausländischen Besteller angepasst. Die freien Spiegelornamente wurden in allen gängigen Farben angefertigt und die verwendeten Muster in verfeinerter Eigenart verarbeitet.